Prof. Dr. Helge Bathelt - Vorwort zum Katalog "Natur im Fluss", Galerie im Kulturzentrum, 2018

 

Heike Renz - Blumenstücke

Wollte man weit ausholen, so müsste man bei Jacopo de’ Barberi beginnen, dem wir das erste Stillleben verdanken. Autonom wurden Stillleben allerdings erst hundert Jahre später, als wohlhabende Auftraggeber Aufzeichnungen aus der dinglichen Welt für geeignet hielten, ihre privaten und öffentlichen Räume zu schmücken. In der Differenzierung der Gattung - vor allem im „Goldenen Zeitalter“ der Niederlande - entwickelte sich die Untergruppierung „Blumenstück“. Das Sujet erwies sich als weit haltbarer als in Vasen drapierte Sträuße, weit nobler und selbstbestätigender und auch als stilistisch anpassungsfähig, denn bis hin zum Impressionismus wandelte sich das Genre chamäleonartig und führte zu Höhepunkten wie Manets „Der Fliederstrauß“. Auch das 20. Jahrhundert hatte Gutes beizutragen und um zeitlich endlich in die Gegenwart zu kommen: auch einer wie Oskar Koller hatte mit seinen wunderbaren Blumenaquarellen viel zu bieten: noch dazu in einer Periode, die eher informell, konstruktivistisch, abstrakt - expressiv etc. geprägt war.

In die Nachfolge einer solchen Kunst gehört das Werk von Heike Renz. Nicht ganz so reduziert und diszipliniert wie Koller setzt sie ihre Emotionen gegenüber der blühenden Natur in Arbeiten um, die durch ihre Spontaneität, ihren sicheren Farbsinn und ihr Gefühl für exzentrisch - dynamische Kompositionen gefallen. Das formale Bilddenken tritt in glücklicher Weise hinter die emotionale Gestaltung zurück und so entstehen Arbeiten, die so frisch daher kommen, dass sie glaubhaft bleiben und mehr sind, als die Fortsetzung eines von manchen ausgetreten geglaubten Sujets. Ein Stil und ein Bildgegenstand aber sind erst dann verbraucht, wenn sie zu nichts mehr Lebendigem führen. Die Arbeiten von Heike Renz aber leben.